Das Projekt wurde im Rahmen des Seniorenpolitischen Maßnahmepaketes (Projekt 24) aus Mitteln des Landes Brandenburg gefördert.
Praxisforum am 26.11.2012 in Kloster Lehnin
Eröffnung und Begrüßung
Nach kurzer Begrüßung der Teilnehmer durch die stellv. Vorstandsvorsitzende der Akademie „2. Lebenshälfte“, Dr. Ingrid Witzsche, eröffnet der Fachbereichsleiter für Soziales, Bildung und Jugend des Landkreises Potsdam-Mittelmark, Thomas Schulz, das Praxisforum. Ausgehend von den Herausforderungen, vor denen der Landkreis durch den demographischen Wandel steht, stellte Herr Schulz insbesondere die Bemühungen vor, interdisziplinäre Hilfe- und Beratungsnetzwerke zu fördern. Der Unterstützung der Selbsthilfe kommt hierbei besondere Bedeutung zu. Wichtige Anlaufstellen sind diesbezüglich die Selbsthilfekontaktstelle KIS und die Freiwilligenkoordination PM. Die von der Akademie „2. Lebenshälfte“ ausgebildeten Seniorkompetenztrainer leisten ebenso einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung niedrigschwelliger Angebote für Ältere.
Potsdam-Mittelmark "Vielfalt braucht Partizipation & Information"
PDF-Datei (1 MB), November 2012
Einführung in das Thema
Dr. Ingrid Witzsche von der Akademie '2.Lebenshälfte' schilderte nochmal die Ausgangssituation: Die Bedingungen des Alterns verändern sich zunehmend: traditionell bewährte soziale Strukturen wie die Familie sind häufig nicht mehr verfügbar, um Ältere aufzunehmen. Durch den demographischen Wandel wird in Zukunft die Gruppe alter und hochbetagter Menschen bedeutend anwachsen: bis 2030 ist für das Berliner Umland mit einem Wachstum der Altersgruppe der über 75 Jährigen mit über 100 % zu rechnen, im berlinfernen Raum wächst diese Gruppe um 60%. Demgegenüber ist v.a. im berlinfernen Raum weiterhin mit Abwanderung und daher sinkender Gesamtbevölkerung zu rechnen.
Viele Ältere sind auch nach dem beruflichen Erwerbsleben sehr aktiv und möchten ihr Leben und ihr Umfeld sinnvoll gestalten und mitwirken. Trotz allem kann es im (hohen) Alter zu vielfältigen Einschränkungen kommen, die das Leben erschweren. Fast alle Menschen wollen zu Hause alt werden und dort bleiben bis zuletzt. Aber was ist, wenn die Kräfte nachlassen, wenn die Beweglichkeit eingeschränkt ist, wenn kein Partner mehr da ist und die Einsamkeit zunimmt…?
Hilfe und Helfer sind gefragt…
Einführung Praxisforum Ingrid Witzsche "Chancen und Grenzen regionaler Hilfe-Netzwerke mit und für Ältere in Brandenburg
PDF-Datei (714 kB), November 2012
Ein möglicher Lösungsansatz: Regionale Hilfe-Netzwerke mit und
für Ältere
Motto: „Suche Dir Freunde,
bevor Du sie brauchst!“
Die Chance:
Viele Menschen möchten
sich und ihre Fähigkeiten einbringen, ihre Lebensräume mitgestalten,
selbstbestimmt agieren, neue Beziehungen eingehen, Verantwortung übernehmen,
für sich und andere vorsorgen!
Regionale Hilfe-Netzwerke mit und für
Ältere – mögliche Formen
Die Bandbreite möglicher
Hilfe-Netzwerke mit und für Ältere ist groß – sie reicht von kleinen,
selbstorganisierten Gruppen etwa der Nachbarschaftshilfe, der Telefonkette über
vereinsbezogene Hilfedienstleistungen bis zu kommunal geförderten Strukturen
wie dem Projekt Demenz in Potsdam-Mittelmark. Folgende Darstellung zeigt einen
kleinen Ausschnitt der Vielfalt solcher Hilfe-Netzwerke.
Die Praxisbeispiele
Seniorengenossenschaften: ein Zukunftsmodell solidarischer Selbsthilfe im Alter?
Anja Schmollack, Vorsitzende CDU
Treuenbrietzen stellte diese Initiative vor.
Seniorengenossenschaften basieren auf dem
Prinzip von Hilfeleistungen gegen Zeitgutschrift: für jede geleistete
Hilfestunde eines Mitgliedes wird die gleiche Zeit gutgeschrieben. Im Falle der
eigenen Hilfsbedürftigkeit kann diese Zeitgutschrift als Hilfe abgerufen oder
auch ausbezahlt werden. Für ihre Dienstleistungen erheben die
Seniorengenossenschaften ein Entgelt, das eine Unfall- und
Haftpflichtversicherung der freiwilligen Helfer gewährleistet und diesen eine
eventuelle Bargeldvergütung ermöglicht. Als selbstorganisierte, nicht
institutionelle Hilfe-Netzwerke binden die Seniorengenossenschaften auch
jüngere Menschen ein und fördern so die Generationensolidarität. Ziel ist es,
älteren Mitgliedern durch verschiedene Hilfen so lange wie möglich das Wohnen
im Eigenheim zu ermöglichen, sozial sinnstiftende Aktivitäten anzubieten, die
sie aus der Isolation herausholen sowie gemeinsame Freizeit und
Begegnungsmomente zu schaffen. Folgende Hilfeleistungen werden angeboten:
Betreutes
Wohnen, Hilfen rund um‘s Haus, Fahrdienste,
Beratung,
Besuchsdienste, Betrieb einer
Tagespflege, Kurzzeitpflege, Umsetzung von Wohnprojekten, Betreuung Demenzkranker.
Basierend auf der Erfahrung, dass Ältere die
Dinge selbst in die Hand nehmen wollen und selbstorganisiertes, kooperatives
Handeln erwiesenerweise Lethargie und Vereinsamung vorbeugt, wollen
Seniorengenossenschaften neue gemeinschaftsorientierte soziale Zusammenhänge
stiften. Hierbei wird die Zusammenarbeit mit bestehenden Angeboten von
Selbsthilfegruppen, Wohlfahrtsverbänden, Kommunen und anderen angestrebt.
Seniorengenossenschaften Vortrag 26 11 2012 - Schmollack
PDF-Datei (138 kB), November 2012
Bürgerinitiative Stendal: Bürger nehmen die Sache selbst in die Hand
Marion Kristin Mohr, Vorstandsvorsitzende Bürgerinitiative Stendal e.V. machte deutlich: Ohne eine aktive Bürgergesellschaft werden die zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen mit einer überalternden Gesellschaft nicht zu bewältigen sein. Für die Menschen vor Ort werden generationenübergreifende Quartiersprojekte notwendig sein.Aus diesem Grunde haben sich engagierte Bürger/innen aus Stendal und Umgebung zusammengefunden, um nach neuen Wegen im gesellschaftlichen Zusammenleben zu suchen. Als gelebte Alternative wurde im Jahr 2004 die Bürgerinitiative Stendal e.V. (BIS e.V.) gegründet.
Ein Schwerpunkt der Tätigkeit des Vereins besteht darin,
diejenigen, die Hilfe im täglichen Leben oder bei der Betreuung und Versorgung
ihrer Angehörigen benötigen, mit denjenigen zusammen zu bringen, die das Gefühl
des Gebrauchtwerdens suchen und sich engagieren möchten. Dazu werden
Bürger/innen aller Altersgruppen gewonnen, die sich in der Gemeinwohlarbeit
einbringen wollen. Darunter sind Schüler, Menschen, die auf Grund von Arbeitslosigkeit
zeitweise keine Beschäftigung finden und Vorruheständler oder rüstige Rentner,
die ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen wollen. Der Verein hat ein
Netzwerk von frühen Hilfen in der Gemeinwohlarbeit aufgebaut. Wir tragen dazu
bei, kommunale Einrichtungen, Vereine und die regionale Wirtschaft in den
Projekten zu verbinden. (s. Leitbild des
BIS e.V. unter Wir über uns, http://www.bisev.de)
Präsentation Bürgerinitiative Stendal
PDF-Datei (741 kB), November 2012
„Helfende Hände“: Freiwillige unterstützen Ältere vor Ort
Rosemarie
Müller, Seniorenbeauftragte Gemeinde Blankenfelde-Mahlow hatte dieses Projekt initiiert und stellte es vor:
Ausgehend
von der Frage, was aus vielen einsamen Älteren wird, wenn sich niemand mehr
wirklich um sie kümmert, weil die Familie nicht vor Ort lebt, Freunde
verstorben sind..., entstand der Wunsch, gerade diese Menschen zu unterstützen.
Hierzu wurde das Projekt „Helfende Hände“ 2012 in Blankenfelde-Mahlow ins Leben
gerufen. Es zeigt, wie durch freiwilliges Engagement und mit wenig Struktur ein
selbstorganisiertes Hilfe-Netzwerk zur Unterstützung Älterer ins Leben gerufen
wurde. Ein kleiner Kreis Engagierter verschiedenen Alters alten Menschen bedarfsweise im Alltag mit
kleinen Hilfen, sei es bei Gartenarbeiten, beim Fensterputzen oder Wechseln der
Glühbirne – was ohne fremde Hilfe möglich ist, wird angeboten. Zur Vermittlung
der Hilfeeinsätze und zur Stärkung der Gruppe gibt es einen Koordinator. Ausgehend von der Erfahrung und Motivation,
dass Helfen gibt, dem anderen wie uns selbst, und dass viele helfen
wollen, etabliert sich das Projekt langsam und trägt erste Früchte. Die Älteren
melden von sich aus ihren Hilfebedarf und freuen sich über die unkomplizierte,
alltagsnahe Unterstützung, aus der sich teilweise festere Kontakte und
vertraute Beziehungen entwickeln. Aus Sicht der Initiatorin ist dieser Ansatz
gut auf den ländlichen Raum übertragbar, wo die Strukturen und Kontaktwege
einfacher sind.
World Cafe: „Mehr WIR im Alter“ - was können wir vor Ort tun? Erfahrungen – Visionen – erste Schritte
Am Nachmittag kamen die Teilnehmenden in einem WORLD-Cafe`ins Gespräch und diskutierten drei Fragen:
1. Welchen Bedarf sehen Sie vor Ort an Hilfe-Netzwerken für Ältere?
Ergebnisse:
- haushaltsnahe Dienstleistungen abseits von
professionellen Pflegediensten
- Vernetzung der Nachbarschaftshilfe
- Initiator, Kümmerer/Koordinator notwendig (Vorbild
„Gemeindeschwester Agnes“)
- altersgerechter Wohnraum, seniorengerechte
Wohnform (Mischgebiete, keine Ghettos)
- Kommunen verkaufen mit ihren Häusern auch Steuerungsmöglichkeiten für Senioren
- Einsamkeit wie erkennen
(Geburtstagsbesuch)?
- Senioren-Ruf-Taxi: gutes Beispiel (Kommune gibt
Geld dazu)
- Fahrdienste organisieren /Mobilitätshilfen (z.B.
Senioren werden zur Therme gefahren)
- Oma-Mobil (Transport zur
Veranstaltung)
- Einkaufsproblem: Bestelldienste, Bäckerwagen (um
lange Wege zu umgehen)
- Räumlichkeiten für Aktivitäten,
Seniorenbegegnungsstätte
2. Was nehmen Sie von den gehörten Praxisbeispielen mit?
Ein Netzwerk funtioniert, weil ein „Motor“ vorhanden ist, weil die Struktur gering, weil Vertrauen aufgebaut wurde und eine Zugehstruktur vorhanden ist. weil man nicht erst wartet, bis nichts mehr geht!
Die „Helfende Hände“ wurden als sehr gutes Beispiel begrüßt.
* Mehrgenerationen: die Alten und die Jungen müssen sich gegenseitig unterstützen
* anregende Ideen, Praxisbeispiele im Seniorenbeirat vorstellen
* vorbeugen, Nachbarschaft bereits in jungen Jahren pflegen
* Informationen vermitteln
* Kompetenzen aus der Region nutzen, klein anfangen
* Nachbarschaftshilfe als Grundlage
* Nichts geht ohne Kümmerer
* Rechtsform Genossenschaft in Abgrenzung zum Ehrenamt fraglich
* ehrenamtliche Strukturen sind enorm wichtig
* Dienstleistungen ganz klar abgrenzen
3. Welche Schritte könnten oder möchten Sie gehen, um ein Hilfe-Netzwerk mit und für Ältere bei Ihnen zu installieren?
Viele ideen und Pläne waren entstanden, die die SeniorInnen in ihren Kommunen angehen wollen:
* Geburtstagsgratulationsdienst als Ressource zur
Hilfefeststellung
* medizinische Versorgung als ein Bereich für
Hilfe-Netzwerke im ländlichen Raum
* Straßenfest (Tauschring, Presse, Netzwerk)
* Seniorenbeauftragte in den Ortsteilen: erfassen
die Probleme und führen zur Lösung
* Seniorenbeirat: Mittler zur Politik
* Seniorenbeirat gründen, Struktur entwickeln
* Koordinierung mit allen, die mit Senioren
arbeiten
*
Ausschreibungen nutzen
* Idee von Sportparks in Wohnkomplex